ProSOS

ProSOS - Portal fuer Sicherheit, Rettung und Schutz

 

Gemeinsam Brücken bauen - Neue Lebensperspektiven für Flüchtlinge in Deutschland - Fachtagung in Osnabrück setzt auf Zusammenarbeit bei Integration

ID: 1401990

(ots) -
OSNABRÜCK - Es kann nur gemeinsam gelingen, die Spannungsfelder
auf dem Weg zu einer gelungenen Integration zu überwinden, um so die
Brücke von der Flucht zu neuen Lebensperspektiven und Integration in
Deutschland zu bauen. Zu diesem Ergebnis kamen am 16. Februar 2016
die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Fachtagung, zu der die
Polizei-direktion Osnabrück und das Institut für Islamische Theologie
(IIT) der Universität Osnabrück eingeladen hatten. Die Veranstaltung
bot eine Plattform für Vernetzung und Erfahrungsaus-tausch zwischen
Polizei, Religionsgemeinschaften und Theologie bzw.
Religionspädagogik. Neben Wissenschaftlern, kamen zahlreiche Experten
aus Verbänden, der Polizei und anderen Organisationen zusammen,
suchten und gaben gemeinsam Impulse und setzten darüber hinaus ein
Zeichen, dass das Überwinden von Spannungsfeldern nur gemeinsam
gelingen kann und nachhaltige Integrationsmaßnahmen sowie gemeinsame
Strategien notwendig sind.

Professorin Dr. Martina Blasberg-Kuhnke (Universität Osnabrück)
begrüßte zunächst die rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der
Veranstaltung und appellierte: "Lassen Sie uns gemeinsam dafür
einstehen, die Zahl der Geflüchteten nicht als Flüchtlingswelle
anzusehen, sondern als Welle, die unsere besten Kräfte aus Demokratie
und Religion freisetzen." Es folgten Grußworte von Professor Dr.
Bülent Uçar (Leiter des Instituts für Islamische Theologie) und
anschließend von Stephan Manke, Staatssekretär des Niedersächsischen
Innenministeriums. Dieser betonte: "Der Zuzug muss bei aller
Herausforderung als Zukunftsinvestition verstanden werden, daher muss
Integration so schnell wie möglich beginnen."

Erfahrungsberichte der Aufnahmebehörde und der Polizei

Den Grußworten schloss sich ein Erfahrungsbericht von Klaus
Dierker, derzeitiger kommissarischer Leiter der Landesaufnahmebehörde




Bramsche, an. Er stellte zunächst die bisheri-gen Entwicklungen dar
und zeigte Problemfelder auf, die insbesondere aus der Überbelegung
resultierten: "Es war eine große Herausforderung für alle Beteiligten
diese Menschen unterzubringen. Ein Mindestmaß an Intimsphäre konnte
kaum gewährleistet werden. Priorität hatte zunächst allein die
Unterbringung aller Menschen." Dierker zeigte auch positive
Entwicklungen auf, wie die Umgestaltung der Zelte und die Einrichtung
von Schulungsräumen. Dabei betonte er, die kleinen Schritte seien
bereits sehr bedeutsam und hätten zu einer Entspannung der Situation
in der LAB Bramsche geführt. Aktuell sind dort knapp unter 1.000
Menschen untergebracht. Verteilt auf das Jahr 2015 hielten sich
insgesamt ca. 29.000 Menschen in der LAB Bramsche auf. Ihm folgte die
Leiterin des Polizeikommissariats Bramsche Ann Oldiges, die im
weiteren Verlauf der Veranstaltung Einblicke in ihre Erfahrungen mit
der Flüchtlingssituation und den Auswirkungen auf den dienstlichen
Alltag gab: "Die Einsätze in der LAB Bramsche sind oftmals mit
Schwierigkeiten verbunden, da Emotionen, Hektik und insbesondere
Sprachbarrieren die Situation vor Ort erschweren." Frau Oldiges
betonte weiter, der weitaus überwiegende Teil der Flüchtlinge ist
nicht kriminell.

Erfahrungsbericht zum Thema Flucht und Ankommen

Zum Thema Flucht und Integration schilderte im Anschluss der
somalisch-stämmige Ali Mohammed Sharif seine Erfahrungen. Der
20-jährige fand nach seiner Flucht über den Jemen in Deutschland eine
neue Heimat und absolviert derzeit eine Ausbildung zum Maler und
Lackierer in Osnabrück. Gemeinsam geht er mit seinem Gesprächspartner
Jasser Abou Achid (wissenschaftlicher Mitarbeiter IIT) der Frage
nach, wie er sein Ankommen in Deutschland und die ersten Kontakte zu
Polizei und Behörden wahrgenommen hat. Eindrucksvoll schildert er
zunächst seinen Weg: Über die Türkei ging es mit einem Boot nach
Griechenland, weiter zu Fuß nach Albanien, Montenegro und Ungarn, um
letztlich 2013 in Deutschland an-zukommen. Zunächst kam seine Familie
nach Frankfurt, dann nach Braunschweig und Osn-abrück. Seine
Erfahrungen mit der deutschen Polizei beschreibt Sharif positiv: "Sie
waren nett und ich bin ihnen dankbar." Große mentale Unterstützung
und Halt fand er in der Gemeinde der Merkez Moschee, in der er auch
seine jetzige Ehefrau kennenlernte. Die Gemeindemitglieder halfen
ihm, sich in Deutschland zu orientieren und Chancen zu erkennen,
ergänzt er. Eigeninitiativ nutzte er die Perspektive, die sich ihm
geboten hat: Nach einem Gespräch bei der IHK erhielt er das
Ausbildungsangebot bei der Firma Schmidtwilken in Osnabrück. Sharif
spricht neben arabisch, englisch, türkisch auch gut Deutsch, dank
eines selbstfinanzierten Sprachkurses. Ein Beispiel für eine
gelungene Integration, auch wenn Sharifs Weg in ein neues Leben
derzeit noch ein Einzelfall ist.

Theologische und Religionspädagogische Aspekte

Dem bewegenden Beitrag folgten am Nachmittag theologische und
religionspädagogische Sichtweisen zum Thema Flucht und Hilfe. Neben
Prof. Dr. Tarek Badawia von der Universität Erlangen sprachen der
Religionspädagoge und Gymnasiallehrer Dr. Ismail Hakki Yavuzcan und
die Bildungsreferentin Franziska Birke-Bugiel (Haus Ohrbeck).

Muslime in Deutschland als Akteure in Flüchtlingsfragen

Im weiteren Verlauf ging es in der Tagung um die Frage, wie sich
Muslime in Deutschland als Akteure in Flüchtlingsfragen engagieren.
Denkanstöße dazu gab zunächst Aiman Mazyek, Vorsitzender des
Zentralrats der Muslime in Deutschland. Darauf aufbauend folgten
Aus-führungen von Yilmaz Kilic, Vorsitzender des
DITIB-Landesverbandes Niedersachsen und Avni Altiner, Vorsitzender
des SCHURA-Landesverbandes Niedersachsen. Kilic dazu: "Die
Hilfsbereitschaft bei uns in den Moscheegemeinden ist zutiefst
beeindruckend - und sie hält an. Wir sehen die neuen Bürger, nicht
als Belastung, sondern als die neuen Nachbarn, Arbeitskollegen von
morgen." Ergänzend formulierte Avni Altiner: "Die Religionen
verpflichten uns Menschen zu helfen, Herausforderungen zu meistern
und Chancen zu nutzen. Die Integration von Flüchtlingen als
gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahrzunehmen, dazu stehen wir Muslime
mit anderen gesellschaftlichen Akteuren."

Unterschiedliche Aufgaben - Gemeinsames Ziel?

Die vielfältigen Schilderungen gaben Impulse, für die von Dr.
Silvia Horsch (IIT) moderierte Diskussionsrunde zum Abschluss der
Tagung. Zur Frage eines gemeinsamen Zieles trotz unterschiedlicher
Aufgaben diskutierten neben Bernhard Witthaut (Polizeipräsident der
Poli-zeidirektion Osnabrück), Dr. Winfried Wilkens (Kreisrat des
Landkreises Osnabrück), Seda Rass-Turgut, (Integrationsbeauftragte
der Stadt Osnabrück), Annekatrin Teschner (Leiterin des
Flüchtlingshauses des Diakoniewerkes Osnabrück), Prof. Dr. Tarek
Badawia von der Universität Erlangen und Rechtsanwalt und
Vorsitzender des Vereins Exil e.V. Andreas Neuhoff.

Polizeipräsident Witthaut: "Unser Beitrag zur Integration ist es,
die Rolle der Polizei den Menschen näher zu bringen, die in anderen
Kulturen aufgewachsen sind. Sie müssen lernen, wie unser
demokratischer Rechtsstaat funktioniert und welche Konsequenzen es
hat, wenn Gesetze nicht eingehalten werden. Wer sich nicht an die
Regeln hält, wird seiner gerechten Strafe zugeführt - ungeachtet
seiner Nationalität." Zudem sei es die Aufgabe der Polizei durch
größtmögliche verantwortbare Transparenz Konfliktpotentiale zu
entschärfen und das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung zu stärken
sowie den Respekt für die Menschen in Uniform einzufordern, ergänzt
Witthaut abschließend.

Aiman Mazyek hob hervor: "Der Islam ist nicht Teil des Problems,
sondern Teil der Lösung." Zur Bewältigung der Flüchtlingsarbeit und
der Integration werde sein Verband unter anderem Guides für
Flüchtlinge rausbringen sowie Integrationslotsen einsetzten. Er
mahnte: "Wir müssen alles daran setzten, dass unsere Gesellschaft
nicht gespalten wird." Es müsse für alle Glaubensgemeinschaften
gelten, dass sie ihre Werte und Normen aktiv den Menschen erklärten
und verdeutlichten.

Bereits zum dritten Mal richteten die Polizeidirektion und
Universität Osnabrück gemeinsam eine Fachtagung aus. Zeitgemäße und
weitreichende Themen prägen die alljährliche Tagung, die in dieser
Form landes- und bundesweit einmalig ist. Insbesondere die
interdisziplinär vertretenen Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet
und angrenzenden Staaten ermöglichten auch in diesem Jahr wieder
einen intensiven fachlichen Austausch und nachhaltige Vernetzung.
Erstmals wird es ein Tagungsband nach der Veranstaltung geben.
Interessierte erhalten die Möglichkeit auf Anfrage bei den
Organisatoren neben schriftlichen Ausfertigungen auch Bild- und
Videomaterial zu erhalten.




Rückfragen bitte an:

Polizeidirektion Osnabrück
Nadine Kluge
Telefon: 0541/327-1034
E-Mail: pressestelle(at)pd-os.polizei.niedersachsen
http://www.pd-os.polizei-nds.de


Themen in diesem Fachartikel:


Unternehmensinformation / Kurzprofil:
Bereitgestellt von Benutzer: ots
Datum: 16.02.2016 - 18:32 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 1401990
Anzahl Zeichen: 0

Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner: POL-OS
Stadt:

Osnabrück



Kategorie:

Polizeimeldungen



Dieser Fachartikel wurde bisher 0 mal aufgerufen.


Der Fachartikel mit dem Titel:
" Gemeinsam Brücken bauen - Neue Lebensperspektiven für Flüchtlinge in Deutschland - Fachtagung in Osnabrück setzt auf Zusammenarbeit bei Integration"
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von

Polizeidirektion Osnabr (Nachricht senden)

Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemäß TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemäß der DSGVO).


Alle Meldungen von Polizeidirektion Osnabr