ProSOS

ProSOS - Portal fuer Sicherheit, Rettung und Schutz

 

Gemeinsame Pressemitteilung

von Staatsanwaltschaft Düsseldorf und Bundespolizei NRW

zum Zugunglück in Meerbusch

ID: 1997504

(ots) -
Am 05.12.2017 um 19:27 Uhr kam es auf der zweigleisigen,
elektrifizierten Bahnstrecke zwischen der Abzweigstelle
Neuss-Weißenberg und dem Bahnhof Meerbusch-Osterath bei Bahnkilometer
41,72 zu einer Kollision zwischen einem mit ca. 200 Reisenden
besetzten Personenzug der National Express Rail GmbH (Zugnummer
32547) und dem gerade anfahrenden Güterzug 48714 der DB Cargo AG.
Durch die Wucht des Aufpralls entgleisten drei der unbeladenen
Güterwagen des Güterzugs und zwei Wagen stürzten in Fahrtrichtung
rechts in den Bahnböschungsbereich. Infolge des Unfalls wurden mehr
als 40 Reisende sowie der Triebfahrzeugführer des Personenzuges 32547
verletzt, einige davon schwer. Es entstanden erhebliche Sachschäden
an Eisenbahnfahrzeugen und Infrastruktur sowie erhebliche
Beeinträchtigungen und Ausfälle im Zugverkehr.

Der betreffende Streckenabschnitt zwischen Neuss-Weißenberg und
dem Bahnhof Meerbusch-Osterath ist in zwei Blockabschnitte (200 und
201) unterteilt (siehe den schematischen Gleisplan mit
Blockbezeichnungen als Anlage am Ende). Das bedeutet, dass ein Zug in
einen Blockabschnitt nur einfahren darf, sofern sich dort kein
anderer Zug befindet.

Das bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf geführte
Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung u.a. richtet
sich gegen die seinerzeit diensthabenden Fahrdienstleiterinnen in
Neuss-Weissenberg und Meerbusch-Osterath. Nach dem bisherigen
Ergebnis der Ermittlungen, insbesondere dem Gutachten des von der
Staatsanwaltschaft beauftragten Sachverständigen sowie den
Untersuchungen der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung
(BEU), ist von folgendem Geschehensablauf auszugehen:

Um 19:09 Uhr gab die Fahrdienstleiterin in Neuss-Weißenberg
irrtümlich in die dortige Zugnummernmeldeanlage im dort abgebildeten
Streckenabschnitt 700 anstelle des Zuges Nummer 95307 des




Eisenbahnverkehrsunternehmens RheinCargo den Zug mit der Nummer 66365
ein. Die Zugnummernmeldeanlage ordnet die Zugnummern der Züge, die im
Stell- und Dispositionsbereich des Bedieners verkehren, automatisch
der Belegung der Gleise zu und stellt sie auf einem Gleisbild des
Stellwerkes oder einem zusätzlichen Monitor dar. Die Fahrt des Zuges
mit der Nummer 66365 fand tatsächlich nicht statt. Durch diesen
Fehler wurde der Zug von RheinCargo in der Zugnummernmeldeanlage nun
mit der falschen Zugnummer 66365 geführt. Um 19:12 Uhr wechselte die
Zugnummer 66365 in der Zugnummernmeldeanlage vom Streckenabschnitt
700 in den Streckenabschnitt 201. Tatsächlich fuhr dort aber ein
1.500 t schwerer Güterzug mit einer Diesellok (Zugnummer 95307). Um
19:15 Uhr gab die Fahrdienstleiterin in Neuss-Weißenberg erneut die
falsche Zugnummer 66365 in den Abschnitt 700 der
Zugnummernmeldeanlage ein. Hierdurch wechselte diese Zugnummer in der
Zugnummernmeldeanlage von Streckenabschnitt 201 zurück in
Streckenabschnitt 700. Dadurch entstand in der Zugnummernmeldeanlage
im Stellwerk Meerbusch-Osterath systembedingt eine Fehlernummer
anstelle der ursprünglichen Zugnummer 66365. Tatsächlich handelte es
sich hierbei immer noch um den Güterzug mit der Nummer 95307. Um
19:16 Uhr löschte die Fahrdienstleiterin im Stellwerk
Meerbusch-Osterath, möglicherweise in der irrigen Annahme einer
technischen Störung, die Fehlernummer aus der dortigen
Zugnummernmeldeanlage und gab stattdessen die Zugnummer 48714 ein.
Dies hatte zwei Folgen: In der Zugnummernmeldeanlage wurde die
Zugnummer 48714 für den Abschnitt 200 gelöscht. Das Zugnummernfeld
200 erschien als frei, obwohl sich dieser Güterzug tatsächlich noch
in dem Abschnitt befand. Der Güterzug mit der Nummer 95307, welcher
sich zu dieser Zeit auf Gleis 2 im Bereich des Stellwerks Meerbusch
befand, erhielt dadurch die falsche Zugnummer 48714.

Zu diesem Zeitpunkt gingen beide Fahrdienstleiterinnen irrtümlich
von einer technischen Störung der Streckenblockanlage aus, die
tatsächlich aber einwandfrei funktionierte. Die Fahrdienstleiterin in
Neuss-Weißenberg bat ihre Kollegin in Meerbusch-Osterath über Funk um
eine sogenannte Einzelräumungsprüfung für den letzten Zug, nannte
dabei aber nicht die Zugnummer, für die die Räumung des Gleises
geprüft werden sollte. Eine Räumungsprüfung ist die Überprüfung, ob
ein Zug einen Zugfolgeabschnitt vollständig verlassen hat. Die
Kollegin in Meerbusch-Osterath gab dann die falsche Rückmeldung, dass
die Strecke frei sei und sich der Zug mit der Nummer 48714 in
Meerbusch-Osterath befinde. Tatsächlich war aber nicht dieser Zug
sondern der Güterzug 95307 durch Meerbusch-Osterath gefahren. Der
Güterzug 48714 befand sich zu diesem Zeitpunkt noch im
Streckenabschnitt 200 zwischen Neuss-Weissenberg und
Meerbusch-Osterath und fuhr in Richtung Streckenabschnitt 201. Um
19:22 Uhr hielt der Güterzug 48714 vor dem Einfahrsignal "A" von
Meerbusch-Osterath im Streckenabschnitt 201.

Um 19:24 Uhr fuhr der Personenzug 32547 in den Streckenabschnitt
200. Da der vor ihm liegende Streckenabschnitt besetzt war, stand das
Selbstblocksignal auf "Halt". Um 19:25 Uhr erteilte die
Fahrdienstleiterin in Neuss-Weißenberg fehlerhaft dem
Triebfahrzeugführer des Personenzugs 32547 über Zugbahnfunk die
Erlaubnis, in den noch durch den Güterzug 48714 besetzten
Streckenabschnitt 201 zu fahren. Dabei ging sie irrtümlich davon aus,
der Blockabschnitt sei frei. Sie betätigte das Ersatzsignal "Zs 1" an
dem auf Halt zeigenden Selbstblocksignal 201, so dass der Personenzug
weiterfahren konnte. Ebenfalls fehlerhaft unterließ sie es, vor
Betätigen des Ersatzsignals "Zs 1", den in vorliegendem Fall
vorgeschriebenen Befehl 12 zum "Fahren auf Sicht" dem
Triebfahrzeugführer des Personenzugs zu erteilen. Dieser hätte dann
nur so schnell fahren dürfen, dass er den Zug vor einem Hindernis
oder Haltsignal sicher hätte anhalten können, höchstens aber mit 40
km/h.

Der Triebfahrzeugführer beschleunigte darauf nach der Vorbeifahrt
am Halt zeigenden Selbstblocksignal 201 den Personenzug (32547) auf
ca. 120 km/h. Bei Erkennen der Gefahr leitete er sofort eine
Schnellbremsung ein. Dennoch fuhr der Personenzug (32547) auf den in
demselben Streckenabschnitt im Anfahren begriffenen Güterzug 48714
der DB Cargo mit einer Geschwindigkeit von ca. 85 km/h auf.




Veröffentlicht durch

Bundespolizeidirektion Sankt Augustin
Telefon: 02241 / 238 - 4444
Fax: 02241 / 238 - 1149
E-Mail: presse.nrw(at)polizei.bund.de
Twitter: https://twitter.com/bpol_nrw
www.bundespolizei.de

Bundesgrenzschutzstraße 100
53757 Sankt Augustin

Rückfrage bitte unmittelbar an:

Staatsanwaltschaft Düsseldorf
Oberstaatsanwalt Uwe Kessel
Fritz-Roeber-Straße 2
40213 Düsseldorf
Email: uwe.kessel(at)sta-duesseldorf.nrw.de
Telefon: 0211/6025-1228

Original-Content von: Bundespolizeidirektion Sankt Augustin, übermittelt durch news aktuell


Themen in diesem Fachartikel:


Unternehmensinformation / Kurzprofil:
drucken  als PDF  an Freund senden   Bundesautobahn (BAB) 2: Polizeidirektion Hannover setzt Schwerpunktkontrollen fort - 435 Fehlverhalten festgestellt  ++ Die dunkle Jahreszeit beginnt - Wohnungseinbrüche nehmen zu ++ 24-jährige Motorradfahrerin bei Unfall schwer verletzt ++ Firmen-Lkw aufgebrochen ++ Durchfahrtpoller beschädigt ++
Bereitgestellt von Benutzer: ots
Datum: 16.10.2018 - 10:00 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 1997504
Anzahl Zeichen: 0

Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner: BPOL NRW
Stadt:

Düsseldorf



Kategorie:

Polizeimeldungen



Dieser Fachartikel wurde bisher 0 mal aufgerufen.


Der Fachartikel mit dem Titel:
" Gemeinsame Pressemitteilung

von Staatsanwaltschaft Düsseldorf und Bundespolizei NRW

zum Zugunglück in Meerbusch
"
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von

Bundespolizeidirektion Sankt Augustin (Nachricht senden)

Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemäß TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemäß der DSGVO).

Mit Koksnase auf Fahrradtour ...

Mit einer Bierflasche in der Hand überquerte ein 31-jähriger Radfahrer am 24.07.2020 gegen 17:50 Uhr die Grenze am ehemaligen Grenzübergang in Tüddern. Auf den ersten Blick stellten die kontrollierenden Beamten der Bundespolizei weiße Rückstän ...

Alle Meldungen von Bundespolizeidirektion Sankt Augustin