"Polizeischutz für die Demokratie - Wir treten ein für die Grundwerte unserer Verfassung"
(ots) - Sehr irritiert, mit Verwunderung, aber auch mit dem Willen
zum Widerspruch haben die Präsidentin, die Präsidenten der Polizeibehörden und
der Direktor der Polizeiakademie der niedersächsischen Polizei die Kleine
Anfrage eines Abgeordneten der AfD vom 25.11.19 zur Kenntnis genommen.
In der Anfrage geht es insbesondere darum, zu hinterfragen, ob der Präsident der
Polizeidirektion Oldenburg, Johann Kühme, Äußerungen von AfD-Politikern in
öffentlichen Veranstaltungen ansprechen darf oder ob er dadurch seine
Neutralitätspflicht verletzen würde. Johann Kühme hat in einer Veranstaltung
gesagt: "Ich schäme mich als Deutscher dafür, wenn AfD-Politiker Muslima als
Kopftuchmädchen titulieren oder die Nazis als Vogelschiss in der tausendjährigen
Geschichte".
Wir als die höchsten Führungskräfte der niedersächsischen Polizei stellen uns
geschlossen hinter den Oldenburger Polizeipräsidenten und werten seine Aussage
als von unserer Verfassung abgedeckte und jederzeit zulässige Meinungsäußerung,
der wir uns vollumfänglich anschließen. Polizeipräsident Kühme hat nach unserer
festen Überzeugung und einvernehmlichen Bewertung nicht die Partei AfD
angegriffen, sondern sein Missfallen über bestimmte Äußerungen einzelner
Mitglieder der AfD bzw. Politiker in einer zulässigen, von der grundgesetzlich
garantierten Meinungsfreiheit geschützten, Art und Weise kommuniziert.
Bei uns besteht die große Sorge, dass mit der Anfrage vom 25.11.19 zukünftig
kritische Äußerungen gegen rechte Parolen verhindert und Führungskräfte
eingeschüchtert werden sollen. Unser Widerspruch richtet sich somit entschieden
gegen den Versuch, mittels einer parlamentarischen Anfrage berechtigte Kritik in
der Polizei unterdrücken zu wollen.
Personen und vor allem Politikern, die geschichtsrevisionistische Positionen
vertreten und damit den Nationalsozialismus und seine Folgen zu bagatellisieren
versuchen, muss entschieden widersprochen werden. Denn der Nationalsozialismus
war auch für die Polizei ein bis heute nachwirkendes Trauma in der Geschichte
und ein wichtiger Teil der polizeihistorischen und demokratiegeschichtlichen
Bildungsarbeit in der Polizei. Gleiches gilt für diskriminierende Begriffe, wie
der, mit dem kopftuchtragende Frauen verunglimpft werden sollen. Im Deutschen
Bundestag hat der Gebrauch dieses Begriffs einen Ordnungsruf des
Bundestagspräsidenten zur Folge gehabt. Verbalen Diskriminierungen dieser Art
muss widersprochen werden, denn sie entsprechen nicht der gelebten Polizeikultur
und der Kultur in diesem Land.
Die formulierten Vorwürfe gegen Polizeipräsident Kühme können deshalb aus
unserer Sicht nur den Zweck verfolgen, politischen Druck auf Führungskräfte der
Polizei ausüben zu wollen, um sie an ihrer berechtigten Widerspruchs-pflicht zu
hindern. Hiergegen verwehren wir uns ganz entschieden.
Präsident Kühme hat mit seinen Äußerungen auch dem Sinn des neuen strategischen
Ziels der Polizei Niedersachsen entsprochen: Wir bewahren unser
freiheitlich-demokratisches Selbstverständnis und stärken unsere
Widerstandskraft gegen demokratiegefährdende Erscheinungen.
Und selbst aus historischer Perspektive heraus betrachtet, ist eine Haltung
berechtigt, die das freiheitlich-demokratische Selbstverständnis der Polizei
stützt. Denn die Weimarer Republik ist nicht an ihren Gegnern gescheitert,
sondern an der fehlenden Kraft ihrer Befürworter. Es gilt daher, die
demokratische Haltung jedes einzelnen in der Polizei zu stärken. Und dazu gehört
auch der Widerspruch gegen Äußerungen von Politikern, welcher politischen Partei
sie auch angehören, die das freiheitliche Demokratieverständnis gefährden
können. Das ist auch die Erwartungshaltung der in Deutschland lebenden
Bürgerinnen und Bürger.
Daher setzen sich die Präsidentin, die Präsidenten der Polizeibehörden und der
Direktor der Polizeiakademie weiterhin konsequent dafür ein, dass das
freiheitliche Demokratieverständnis in der Polizei - und dazu gehört auch unser
Umgang mit der geschichtlichen Vergangenheit - gewahrt bleibt. Die Polizei hat
sich in den letzten Jahrzehnten damit ein starkes Vertrauen bei den Menschen in
unserem Land erarbeitet. Dieses Vertrauen ist der beste Beweis dafür, dass wir
auf dem richtigen Weg waren und sind.
Auf die Polizei können sich die Menschen verlassen, wir nehmen unseren Eid ernst
und leben die Werte unseres Grundgesetzes, ebenso wie die der niedersächsischen
Verfassung.
Präsident der Polizeidirektion Braunschweig Michael Pientka
Präsident der Polizeidirektion Göttingen Uwe Lührig
Präsident der Polizeidirektion Hannover Volker Kluwe
Präsident der Polizeidirektion Lüneburg Thomas Ring
Präsident der Polizeidirektion Osnabrück Michael Maßmann
Präsident des Landeskriminalamtes Nds. Friedo de Vries
Präsidentin der Zentralen Polizeidirektion Nds. Christiana Berg
Direktor der Polizeiakademie Nds. Carsten Rose
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Datum: 03.12.2019 - 12:00 Uhr
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