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(238/2011) Politisch motivierte Kriminalität in der Polizeidirektion Göttingen geht leicht zurück - linksmotivierte Gewalttaten steigen an

ID: 381775

(ots) - Göttingen

Mittwoch, 13. April 2011

GÖTTINGEN (ma) - Der Polizeipräsident der Polizeidirektion
Göttingen, Robert Kruse, hat am heutigen Mittwoch, 13. April 2011,
die Zahlen der politisch motivierten Kriminalität (PMK) 2010 für den
Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Göttingen (PD)
vorgestellt. Die Polizeidirektion Göttingen umfasst die
Polizeiinspektionen Göttingen, Hameln-Pyrmont / Holzminden,
Hildesheim, Nienburg / Schaumburg und Northeim / Osterode. Sie ist
damit für die Sicherheit von rund 1,3 Millionen Einwohnern in acht
Landkreisen zuständig.

Die Erfassung von Straf- und Gewalttaten der politisch motivierten
Kriminalität erfolgt nach bundesweit einheitlichen Kriterien. Danach
werden Delikte erfasst, wenn in Würdigung der Umstände der Tat
und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass sie sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw.
eines ihrer Wesensmerkmale richten, den demokratischen Willensprozess
beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer
Ziele dienen oder auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland
gefährden. Dazu zählen weiterhin Straftaten, die gegen Personen wegen
ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit,
Hautfarbe, Weltanschauung oder aufgrund ihres äußeren
Erscheinungsbildes, ihres gesellschaftlichen Status oder sexuellen
Orientierung gerichtet sind.

Danach sind in der Polizeidirektion Göttingen im Jahr 2010
insgesamt 479 politisch motivierte Straftaten (2009: 536) erfasst
worden. Das entspricht einem Rückgang um knapp 11% und liegt damit im
Trend des Landes Niedersachen, wo allerdings ein Rückgang um 20,50%
(2010: 2.706 / 2009: 3.401 Straftaten) zu verzeichnen ist.

Entgegen dem Landestrend mit einem Rückgang von 311 (2009) auf 260




Taten sind die Zahlen der politisch motivierten Gewaltkriminalität in
der PD Göttingen von 42 im Jahr 2009 auf 53 im Jahr 2010 gestiegen.
Gestiegen ist auch die Zahl der Verletzten durch Gewalttaten auf 26
Personen (2009: 18). Davon sind alleine 21 Personen durch politisch
linksmotivierte Gewalttaten betroffen.

"Der erneute Anstieg der Gewaltdelikte ist besorgniserregend und
zeigt die zunehmende Bereitschaft sich mit dem politischen Gegenüber
gewaltsam auseinanderzusetzen. Darüber können auch die insgesamt
rückläufigen Zahlen nicht hinwegtäuschen", so Polizeipräsident Robert
Kruse.

Politisch motivierte Ausländerkriminalität

Im Bereich der politisch motivierten Ausländerkriminalität ist die
Zahl der Delikte auf sieben (2009: 4) leicht gestiegen.

Kruse betonte, dass trotz der geringen Fallzahlen die
terroristische Gefahr für Deutschland - und damit auch für
Niedersachsen - unvermindert hoch sei. Neben den Ende des Jahres 2010
befürchteten Anschlägen und terroristischen Aktivitäten wird diese
Gefahrenlage nicht zuletzt durch das Attentat eines radikalisierten
fanatischen Einzeltäters belegt, der am 2. März 2011 auf dem
Frankfurter Flughafen zwei amerikanische Soldaten getötet und zwei
weitere schwer verletzt hat.

"Der Gefahrenabwehr und Prävention kommt in diesem Deliktsbereich
eine besondere Bedeutung zu. Sie bleibt ein Schwerpunkt polizeilicher
Arbeit", so der Behördenleiter.

Politisch motivierte Kriminalität -Rechts-

Von den insgesamt 479 Delikten entfallen 236 auf den Bereich der
politisch motivierten Kriminalität -Rechts-. Mit 63 Prozent stellen
dabei die sogenannten Propagandadelikte den größten Anteil dar. Bei
diesen Delikten handelt es sich um Straftaten wie unter anderem
Farbschmierereien von Hakenkreuzen oder auch das Zeigen des
Hitlergrußes.

Die rechtsmotivierten politischen Gewaltdelikte sind gegenüber
2009 (5 Fälle) im Jahr 2010 auf acht Fälle leicht gestiegen. Gemessen
an den Gesamtdelikten -Rechts- (236) liegt ihr Anteil damit bei etwa
3%. Hierbei geht es zumeist um Körperverletzungen im Rahmen von
Konfrontationen mit politisch Andersdenkenden.

In einem Fall, anlässlich des Trauermarsches in Bad Nenndorf,
stürmte ein 33-jähriger Teilnehmer der Rechten Szene auf einen
Fotografen zu und versuchte, diesem die Kamera zu entreißen.

Bei einer anderen Tat hat am 6. März 2010 ein zur Tatzeit
22-Jähriger in Alfeld einen ebenfalls 22 Jahre alten Farbigen, nach
einer vorausgegangenen verbalen Auseinandersetzung, mit einem Glas
oder einer Flasche beworfen, wodurch dieser eine Platzwunde erlitt.
Hierbei äußerte der Täter rassistische Beleidigungen und verwendete
den verbotenen nationalsozialistischen Gruß "Sieg Heil".

"Der erkennbaren und gesuchten Konfrontation zwischen Rechts und
Links, insbesondere bei demonstrativen Anlässen, werden wir
polizeilich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenwirken.
Nicht zuletzt die Ereignisse in Dresden im Februar 2011 haben
gezeigt, welche Gewaltexzesse dabei entstehen können", sagte Kruse
auch mit Blick auf den für den 6. August 2011 erneut angemeldeten
sogenannten Trauermarsch in Bad Nenndorf.

Daneben wird auf Entwicklungen, wie Auseinandersetzungen zwischen
Rechten und Linken in Bückeburg, Gedenktage der rechten Szene,
Rechtsrockkonzerte und CD-Verteilaktionen, konsequent und mit
polizeilichen Konzeptionen reagiert. So wurde in der
Polizeiinspektion Hildesheim eine Ermittlungsgruppe eingerichtet, um
örtliche rechte Strukturen aufzuklären.

"Wir nehmen das Thema Rechts weiterhin sehr ernst und werden auch
unsere umfangreichen präventiven Aktivitäten, häufig mit bewährten
Netzwerkpartnern, uneingeschränkt fortsetzen", so der Behördenleiter

Politisch motivierte Kriminalität -Links-

Die Gesamtzahl der politisch motivierten Kriminalität in der PD
Göttingen ist um 13% auf 208 Delikte (2009: 240) gesunken. Die
hauptsächliche Motivation zur Straftatenbegehung war einmal mehr der
sogenannte Antifaschismuskampf, die Konfrontation gegen -Rechts-
sowie Gewalttätigkeiten gegen die Polizei. Besondere Anlässe zur
Straftatenbegehung waren hierbei die Demonstrationen anlässlich
versammlungsrechtlicher Aktionen von Rechtsextremisten am 05. Juni
2010 in Hildesheim und am 14. August 2010 in Bad Nenndorf
(Trauermarsch).

Im landesweiten Vergleich zu anderen, weitaus größeren Städten wie
Hannover (90 Fälle) und Braunschweig (60 Fälle), steht die
Polizeiinspektion Göttingen mit 103 Fällen politisch motivierter
Kriminalität -Links- an der Spitze und stellt unzweifelhaft einen
Brennpunkt dar.

Während auf Landesebene linke Gewaltdelikte mit 138 Fällen um ca.
21% stark rückläufig waren (2009: 178), stieg die Zahl der
Gewaltdelikte im Bereich der PD Göttingen von 36 auf 44 Fälle. Die
höchsten Zahlen hierbei verzeichneten die PI Nienburg/Schaumburg mit
21 und die PI Göttingen mit 20 Fällen. Dabei gibt es aber deutliche
Unterschiede. Sind die Zahlen in der PI Nienburg/Schaumburg im
Wesentlichen auf die demonstrativen Aktivitäten anlässlich des
sogenannten Trauermarsches in Bad Nenndorf durch zumeist überörtliche
Angehörige der linken Szene zurückzuführen, besteht in Göttingen,
auch außerhalb derartiger Anlässe, eine permanent spürbare
Gewaltbereitschaft von Personen, die mutmaßlich der lokalen
linksmotivierten Szene zuzuordnen sind.

Beispiele für politisch linksmotivierte Gewaltstraftaten:

Brandanschlag am 22. Januar 2010 auf das alte Gebäude des
Landkreises Göttingen. Es kommt hierbei in einer Teeküche zu einer
Verpuffung einer dort abgelegten unkonventionellen Spreng- und
Brandvorrichtung mit anschließendem Brandausbruch. Dabei wird ein
Landkreismitarbeiter verletzt und es entsteht Sachschaden. 20 Meter
vom Brandort entfernt wird ein Pappschild mit der Aufschrift:
"Abschiebestopp! Wer bleiben will soll bleiben! Antirassistische
Offensive Frühling" aufgefunden. Geruchsspuren an diesem Pappschild
hatten damals eingesetzte Mantrailerhunde zu einem Haus in der Roten
Straße geführt. Auf Antrag der eingeschalteten Staatsanwaltschaft
hatte das Amtsgericht Göttingen einen Beschluss zur Durchsuchung des
Gebäudes und der verdächtigen Wohnungen angeordnet. Diese
Durchsuchung sowie die weiteren polizeilichen Ermittlungen führten
nicht zur Ermittlung eines Täters. Die damalige Kritik am Einsatz-
und Beweiswert der Mantrailerhunde erweist sich, nicht zuletzt vor
dem Hintergrund der zwischenzeitlich in Göttingen gemachten
Erfahrungen der Mordkommission "Baum", als unbegründet. Auch nach
Abschluss der Ermittlungen hält die Polizei an ihrer Bewertung fest,
dass es sich bei dem Brandanschlag um eine politisch linksmotivierte
Tat handelt.

Am 14. April 2010 machen vier Personen aus Brandenburg, die sich
beruflich in Göttingen aufhalten, einen Stadtbummel. Eine der
Personen trägt ohne politische Motivation ein Shirt der Marke "Thor
Steinar" mit gleichlautendem Schriftzug. Sie bemerken, dass sie
längere Zeit durch schwarzgekleidete Personen verfolgt werden, bevor
sich ihnen dann eine Gruppe von ca. 20 Personen der linken Szene in
den Weg stellt. Die Gruppe bedrängt die Personen, schubst das spätere
Opfer und skandiert: "Allerta, Allerta, Antifaschista!" und: "Typen
wie dich wollen wir hier nicht, Nazi!". Einer der Täter, bewaffneter
mit einem Totschläger, schlägt das Opfer mehrfach. Weitere Täter
halten ihn schließlich fest, ziehen ihm das Shirt aus und rauben es.
Danach entfernt sich die Gruppe fluchtartig.

Am 24. Juni 2010 wird im Bereich der Bürgerstraße ein Pärchen
angegriffen und die mitgeführte Deutschlandfahne geraubt. Beide waren
während der damals laufenden Fußballweltmeisterschaft auf dem Fußweg
Richtung Hiroshimaplatz unterwegs, als sie bemerken, dass sie von
zwei Personen (eine maskiert), verfolgt werden. Das Opfer erhält
daraufhin unvermittelt einen Schlag in den Rücken und ihm wird die
Deutschlandfahne entrissen. Bevor die Täter flüchten, betitelt einer
das Opfer mit den Worten: "Du Nazi sollst dich verpissen".

Kruse: "Es ist erschreckend, mit welcher Menschenverachtung
versucht wird, eigene Weltanschauungen durchzusetzen. Schwere
Verletzungen von Menschen werden hierbei von den linksmotivierten
Gewalttätern in Kauf genommen."

Weiteres Ziel von Straftaten durch linksmotivierte Täter waren in
Göttingen im Jahr 2010 Burschenschaften bzw. Angehörige von
Burschenschaften. Hier zählte die Polizei insgesamt 14 Fälle, davon
handelt es sich bei 11 Fällen um Sachbeschädigungen (überwiegend an
Burschenschaftsgebäuden). Dass die Täter aber auch vor schweren
Straftaten nicht zurückschrecken, zeigt die Inbrandsetzung zweier
Papiertonnen vor der Eingangstür eines Burschenschaftsgebäudes in den
frühen Morgenstunden des 11. März 2011. Nur durch den Hinweis eines
Zeugen und die dadurch schnelle Brandlöschung konnte ein Übergreifen
auf das Wohngebäude verhindert werden. Die Täter hatten es nicht in
der Hand, ob Menschen hätten zu Schaden kommen können.

"Straftaten gegen tatsächlich oder vermeintlich Andersdenkende
haben in einem Rechtsstaat keinerlei Rechtfertigung und werden
unabhängig von der jeweiligen Motivation konsequent verfolgt",
erklärte Robert Kruse unter Hinweis auf diese Übergriffe.

Darüber hinaus sind seit Oktober 2006 im Stadtgebiet Göttingen 19
Brandanschläge auf 27 Fahrzeuge verübt worden, die einer
linksmotivierten Tatserie zugeordnet werden. Die letzte Straftat, die
dieser Brandserie zugerechnet wird, ereignete sich am 20. Januar
2010. Der Sachschaden bei diesen Brandanschlägen beläuft sich
inzwischen auf insgesamt rund 500.000 Euro. Für die ersten neun Taten
hat eine linksextremistische Gruppierung mit dem Namen "Militanten
Zelle (Gruppe)" die Verantwortung per Selbstbezichtigungsschreiben
übernommen.

Abschließend betonte Polizeipräsident Kruse: "Wir werden uns mit
allen zur Verfügung stehenden rechtlichen Mitteln der Entwicklung von
Gewaltstraftaten entgegenstellen. Die Bekämpfung der politisch
motivierten Kriminalität, egal aus welchem Phänomenbereich, ist und
bleibt eine Kernaufgabe der polizeilichen Arbeit."

Übersichten zur politisch motivierten Kriminalität 2010 im Bereich
der Polizeidirektion Göttingen entnehmen Sie bitte der im
Presseportal beigefügten Anlage zu dieser Pressemitteilung.




Rückfragen bitte an:

Polizeidirektion Göttingen
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Datum: 13.04.2011 - 13:30 Uhr
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