ProSOS

ProSOS - Portal fuer Sicherheit, Rettung und Schutz

 

DIE KONKURRENZ SCHLÄFT NICHT, SIE SPIONIERT

ID: 2033502

(ots) - Jedes dritte kleine und mittlere Unternehmen in
Deutschland war schon einmal von Wirtschaftsspionage oder
Konkurrenzausspähung betroffen.

Täter sind ausländische Staaten oder Konkurrenzunternehmen.
Wissenschaftler-Team des Max-Planck-Instituts für ausländisches und
internationales Strafrecht (Freiburg) und des Fraunhofer Instituts
für System- und Innovationsforschung (Karlsruhe) stellt europaweite
Untersuchung vor.

Maßnahmenkatalog soll Kooperation von Unternehmen und
Ermittlungsbehörden erleichtern.

Gesetzlicher Rahmen in Deutschland nicht mehr zeitgemäß.

Nicht nur die Global Player können Opfer sein - auch jedes dritte
kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland war in der
Vergangenheit schon von Wirtschaftsspionage oder Konkurrenzausspähung
betroffen. Täter können ausländische Staaten, Wettbewerber oder die
eigenen Mitarbeiter sein. Zwanzig Prozent der Unternehmen haben keine
Strategien zur Entdeckung oder Abwehr von Angriffen auf ihr Know-how
entwickelt und wären auf einen solchen Fall nicht vorbereitet. Das
sind einige der Ergebnisse des Forschungsprojekts
"Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung in Deutschland und
Europa" (WISKOS), das ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für
ausländisches und internationales Strafrecht (MPICC) in Freiburg und
des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung
(Fraunhofer ISI) in Karlsruhe gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt
(BKA), dem Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg und der
Sächsischen Hochschule der Polizei durchgeführt hat. Gefördert wurde
das Projekt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

KMU stellen in Deutschland die meisten Arbeitsplätze und gelten
als Garant für das Wirtschaftswachstum. Sie entwickeln wertvolles und
begehrtes Know-how, das bei der Konkurrenz oder anderen Staaten




Interesse weckt. Die WISKOS-Studie von MPICC und Fraunhofer ISI
ergab, dass über alle Branchen hinweg jedes dritte Unternehmen
bereits von einem Spionage- oder Ausspähungsvorfall betroffen war,
von einem Verdacht auf einen Angriffsversuch berichtete sogar jedes
zweite Unternehmen. Darüber hinaus ist von einer hohen Dunkelziffer
auszugehen. Die Bedrohung besteht gleichermaßen von innen, etwa durch
unzufriedene oder ehemalige Mitarbeiter, wie von außen, etwa durch
Cyberspionage.

"Die Ergebnisse unserer Befragungen zeigen, dass sich kein
Unternehmen sicher fühlen kann. Es kann alle Branchen und allen
Unternehmensgrößenklassen treffen", erklärt Dr. Esther Bollhöfer, die
am Fraunhofer ISI für das Projekt verantwortlich war.

Dennoch fehlt es gerade bei den kleinen Unternehmen an
Präventionsstrategien: Jedes fünfte Unternehmen mit weniger als 50
Beschäftigten gab an, keine Strategie gegen physische Spionage zu
haben, und auch nur wenige mehr verfügen über ein Präventionskonzept
gegen Cyberspionage. Erschwerend kommt hinzu, dass sich viele
Unternehmen scheuen, sich bei einem Spionage-Verdacht externe
Unterstützung zu suchen. "Es gibt bislang keine
Standard-Vorgehensweise. Es herrscht in den Unternehmen eher große
Unsicherheit beim Thema Spionage mit einem doppelten Dunkelfeld",
sagt Werner Heyer vom LKA Baden-Württemberg.

Grundsätzlich können sich die Betriebe eine Kooperation mit den
Behörden gut vorstellen, so die Untersuchung - klare Zuständigkeiten
und ein vertrauensvolles Verhältnis vorausgesetzt. "Gegenseitiges
Vertrauen entsteht vor allem durch Kommunikation und Kooperation.
Bestehende Zusammenarbeitsplattformen zwischen Polizei und
Unternehmen sind daher zu stärken und auszubauen. Auf diese Weise
entstehen Kooperationsstrukturen und -mechanismen, die im
Schadensfall ein schnelles und vertrauensvolles Handeln und
Zusammenwirken ermöglichen", erläutert Albert Märkl, Leiter des
Kriminalistischen Instituts des BKA. "Denn Strafverfolgungsbehörden
können nur dann erfolgreich arbeiten, wenn sie schnellstmöglich
Kenntnis von den Schadensfällen erhalten."

Neben einer Analyse des Hell- und Dunkelfeldes beim illegalen
Know-how-Abfluss hat das Wissenschaftsteam von MPICC und Fraunhofer
ISI Leitfäden mit praktischen Empfehlungen für Unternehmen,
Wissenschaftsorganisationen und Polizeibehörden erstellt. Sie sollen
für dieses Kriminalitätsphänomen sensibilisieren sowie über
Präventionsmaßnahmen und das Vorgehen nach einem Vorfall informieren.
"Durch die langjährige Studie und die daraus gewonnenen Erkenntnisse
sind wir in der Lage, sowohl den Unternehmen als auch den
Ermittlungsbehörden praktische Leitfäden in die Hand zu geben, die
ihnen bei der Prävention und der Aufklärung solcher Delikte helfen
und Hürden bei der Kooperation abbauen", sagt Susanne Knickmeier,
wissenschaftliche Mitarbeiterin am MPICC.

Die rechtlichen Analysen liefern darüber hinaus Hinweise für den
Gesetzgeber zu einer Überarbeitung des derzeitigen gesetzlichen
Rahmens. Hier erscheint insbesondere die strikte Trennung von
Wirtschaftsspionage und Konkurrenzausspähung nicht mehr zeitgemäß.
"Sie ist aus Sicht der betroffenen Unternehmen irrelevant und im
Hinblick auf eine effektive Aufklärung und strafrechtliche Verfolgung
nicht zielführend", betont Dr. Michael Kilchling, wissenschaftlicher
Referent am MPICC.

Das WISKOS-Projekt im Überblick: Im Projekt WISKOS wurden neben
einem Vergleich der Rechtslage in allen Mitgliedsstaaten der
Europäischen Union sowie der Schweiz (Modul 1) in einer
Mehrebenen-Evaluation das Hellfeld (Modul 2) und das Dunkelfeld
(Modul 3) unter anderem im Hinblick auf Konsequenzen von Angriffen
für KMU, Verdachtsfaktoren sowie potentielle Täter und ihre Modi
Operandi analysiert, um auf dieser Grundlage innerbetriebliche
Präventions- und Verfolgungsstrategien zu entwickeln.

Modul 1: Länder-Screening Landesberichte aus allen 28
EU-Mitgliedsstaaten und der Schweiz zu den rechtlichen Regelungen,
dem verfahrensrechtlichen Rahmen und statistischen Basisdaten.

Modul 2: Mehrebenen-Evaluation Literatur- und Dokumentenanalyse,
Strafaktenanalyse (n=713 Strafakten zu Fällen der
Konkurrenzausspähung aus Deutschland), Exemplarische Fallstudien
(n=50 Fallstudien aus Bulgarien, Dänemark, Österreich, der Schweiz
und dem Vereinigten Königreich, Experteninterviews (n=62 mit
Vertretern von Behörden, KMU, Kammern, Verbänden,
Wissenschaftsorganisationen in Deutschland sowie Bulgarien, Dänemark,
Österreich, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich)

Modul 3: Dunkelfeldbefragung Erhebung Modernisierung der
Produktion 2015 (n= 1.282 Betriebe,) Erhebung bei produzierenden
Betrieben und industrienahen Dienstleistern bis zu 250 Mitarbeiter
2017 (n=583 Betriebe)

Umfangreiche Materialien inklusive Handlungsleitfäden sowie
weitere Informationen finden Sie unter http://wiskos.de und auf der
BKA-Webseite unter www.bka.de. Für Fragen und Anliegen stehen Ihnen
unsere Pressesprecherinnen zur Verfügung:

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales
Strafrecht, Anna Schaich, +49 - (0)761 - 7081-273,
a.schaich(at)mpicc.de;

Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung,
Anne-Catherine Jung, +49 - (0)721 - 6809-100,
Anne-Catherine.Jung(at)isi.fraunhofer.de;




Rückfragen bitte an:

Bundeskriminalamt
Pressestelle

Telefon: 0611-551 3083
Fax: 0611-551 2323
www.bka.de

Original-Content von: Bundeskriminalamt, übermittelt durch news aktuell


Themen in diesem Fachartikel:


Unternehmensinformation / Kurzprofil:
drucken  als PDF  an Freund senden   Falsche Polizistenüberfallen Mann in der Hagener Innenstadt  Zentralstelle Cybercrime Bayern und Bundeskriminalamt nehmen mutmaßliche Darknet-Drogenhändler fest
Bereitgestellt von Benutzer: ots
Datum: 06.12.2018 - 13:00 Uhr
Sprache: Deutsch
News-ID 2033502
Anzahl Zeichen: 0

Kontakt-Informationen:
Ansprechpartner: BKA
Stadt:

Wiesbaden



Kategorie:

Polizeimeldungen



Dieser Fachartikel wurde bisher 0 mal aufgerufen.


Der Fachartikel mit dem Titel:
" DIE KONKURRENZ SCHLÄFT NICHT, SIE SPIONIERT"
steht unter der journalistisch-redaktionellen Verantwortung von

Bundeskriminalamt (Nachricht senden)

Beachten Sie bitte die weiteren Informationen zum Haftungsauschluß (gemäß TMG - TeleMedianGesetz) und dem Datenschutz (gemäß der DSGVO).


Alle Meldungen von Bundeskriminalamt