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Anklage gegen ein mutmaßliches Mitglied sowie zwei mutmaßliche Unterstützer der ausländischen terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat (IS)" erhoben

ID: 2122135

(ots) - Die Bundesanwaltschaft hat am 12. April 2019 vor
dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf Anklage gegen

die 21-jährige deutsch-algerische Staatsangehörige Sarah O., den
51-jährigen deutschen Staatsangehörigen Ahmed S. und die 48-jährige
deutsche Staatsangehörige Perihan S.

erhoben.

Die Angeschuldigte Sarah O. ist hinreichend verdächtig, sich in
den Jahren 2014 bis 2017 in Syrien als Mitglied an der ausländischen
terroristischen Vereinigung "Islamischer Staat (IS)" beteiligt zu
haben (§ 129b Abs. 1 Satz 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB) sowie sich,
ohne dass dies durch die Erfordernisse des bewaffneten Konflikts
geboten war, Sachen der gegnerischen Partei in erheblichem Umfang
völkerrechtswidrig angeeignet zu haben (§ 9 Abs. 1 VStGB). Zudem
werden ihr Menschenhandel (§ 232 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, Abs.
2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB) sowie Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 3 Nr. 1
StGB) zur Last gelegt.

Gegen Ahmed S. sowie Perihan S. besteht der hinreichende
Tatverdacht der Unterstützung einer ausländischen terroristischen
Vereinigung (§ 129b Abs. 1 Satz 1, § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB) sowie
der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a
Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 StGB in der Fassung vom 30. Juli 2009). Zudem
sind beide Angeschuldigte wegen Straftaten nach dem
Außenwirtschaftsgesetz (§ 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, § 18 Abs. 1
Nr. 1 Buchstabe a, Abs. 7 Nr. 2 AWG) angeklagt.

In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen
folgender Sachverhalt dargelegt:

1.Sarah O. verließ im Oktober 2013 die Bundesrepublik
Deutschland, um sich in Syrien einer terroristischen Vereinigung im
Kampf gegen das Regime des syrischen Machthabers Assad anzuschließen
und am Aufbau eines islamischen Staates nach dem Vorbild der Scharia




zu beteiligen. Sie reiste über die Türkei nach Syrien und erhielt
eine Ausbildung im Umgang mit dem Sturmgewehr des Typs Kalaschnikow,
bevor sie Anfang 2014 den aus Deutschland stammenden "IS"-Kämpfer
Ismail S. nach islamischem Recht heiratete. Spätestens ab diesem
Zeitpunkt gliederte sich die Angeschuldigte in die Entscheidungs- und
Befehlsstruktur der ausländischen terroristischen Vereinigung
"Islamischer Staat" ein. Ab Februar 2014 übernahm sie gemeinsam mit
ihrem Ehemann Wach- und Polizeidienste zur Sicherung der vom "IS"
kontrollierten Gebiete. Sarah O. versuchte darüber hinaus, Personen
aus Europa zur Ausreise nach Syrien zu bewegen, um dort für den "IS"
am sogenannten Heiligen Krieg teilzunehmen.

Gemeinsam mit Ismail S. erhielt sie von der Vereinigung ein
monatliches Gehalt von etwa 118 US Dollar. Im Januar 2014 richteten
beide ihre in Jarabulus (Syrien) gelegene Wohnung mit
Einrichtungsgegenständen und Haushaltsgeräten ein, die sie kostenlos
als sogenannte Kriegsbeute vom "Islamischen Staat" erhalten hatten.
In dieser Wohnung nahmen Sarah O. sowie Ismail S. Neuankömmlinge für
den "IS" auf. Im Juni 2014 verschafften sie sich in Jarabulus eine
andere Wohnung samt Inventar. Diese war vom "IS" unter seine
Verwaltung gestellt worden, nachdem die Eigentümer durch die
Vereinigung getötet oder von ihr vertrieben worden waren. Mit dem
Beziehen der Wohnungen verfolgte Sarah O. das Ziel, den
Gebietsanspruch des "Islamischen Staates" zu festigen und eine
Rückeroberung durch gegnerische Militärverbände zu erschweren.

Sarah O. und Ismail S. hielten im Zeitraum September 2015 bis
Oktober 2017 ein jesidisches Mädchen sowie zwei jesidische Frauen als
Sklaven. Diese mussten die Kinder der Angeschuldigten betreuen sowie
sich um den Haushalt kümmern. Durch die Sklavenhaltung wollte die
Angeschuldigte aber auch die Ziele des "Islamischen Staates"
durchsetzen, indem die jesidische Bevölkerung gewaltsam zur Aufgabe
ihres bisherigen Glaubens sowie zum Anschluss an den Islam gezwungen
werden sollte.

Nachdem sich die militärische Lage des "Islamischen Staates" Ende
2017 noch weiter zugespitzt hatte, flüchtete Sarah O. aus dessen
Herrschaftsgebiet. Im Februar 2018 überquerte sie die
syrisch-türkische Grenze und wurde von türkischen Sicherheitskräften
festgenommen. Am 21. September 2018 wurde die Angeschuldigte von der
Türkei in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben und hier bei
ihrer Einreise festgenommen.

2.Ahmet S. und Perihan S. sind die Eltern des gesondert
verfolgten Emre Yunus S. sowie des mit Sarah O. nach islamischen
Recht verheirateten Ismail S. Die beiden Brüder verkauften seit
Oktober 2013 Waffenzubehör sowie andere Ausrüstungsgegenstände an den
"Islamischen Staat" und dessen Verbündete. Nach ihrem Anschluss an
die Vereinigung im November 2013 setzten die Brüder ihre gemeinsame
Geschäftstätigkeit fort. Um die Versorgung des "IS" mit Nachschub
sicherzustellen, errichteten sie ein internationales
Logistiknetzwerk. Vor diesem Hintergrund hielt sich Emre Yunus S. ab
Ende Januar 2014 in der Türkei auf. Dort beschaffte er die Waren und
sorgte für deren Transport nach Nordsyrien. Ismail S. verblieb in
Nordsyrien und kümmerte sich dort um den eigentlichen Verkauf. Die
beiden Brüder wurden dabei durch Ahmet S. und Perihan S. unterstützt.
Im Einzelnen:

Im Zeitraum Oktober bis Dezember 2013 ließ sich Perihan S. in
zwölf Fällen die durch ihre Söhne zum Weiterkauf bestimmten Waren zu
ihrem Wohnsitz in Deutschland liefern. Hierbei handelte es sich
insbesondere um Magazine und Visiereinrichtungen für Schusswaffen,
vor allem für Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow. Acht dieser
Lieferungen wurden von Ahmet S. bezahlt.

Ende November 2013 brachte Perihan S. 50 Magazine für das
Sturmgewehr des Typs Kalaschnikow zu ihren Söhnen nach Jarabulus in
Nordsyrien. Zwei weitere Lieferungen mit Waffenzubehör scheiterten
allerdings. Bei ihrer beabsichtigten Ausreise über den Flughafen
Köln/Bonn im Dezember 2013 stellten Zollbeamte bei Perihan S. unter
anderem 183 Magazine für Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow sowie 31
Pistolenmagazine sicher. Ebenfalls im Dezember 2013 schaffte es
Perihan S. zwar, ungefähr 97 Waffenmagazine aus Deutschland
auszuführen. Diese konnten jedoch auf dem Flughafen in Gaziantep
(Türkei) beschlagnahmt werden. Im April 2014 versuchte Ahmet S.
ebenfalls vergeblich, über den Flughafen Köln/Bonn Waffenzubehör zu
seinen Söhnen zu transportieren. Hierbei handelte es sich um vier
Zielfernrohre, ein Reflexvisier sowie Montageschienen für
Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow. Diese konnten allesamt
sichergestellt werden.

Emre Yunus S. veranlasste im Zeitraum Dezember 2014 bis März 2015
in drei Fällen von der Türkei aus die Lieferung von insgesamt vier
externen Akkus für elektronische Geräte sowie von 21 Ladegeräten an
Perihan S. Diese nahm die Lieferungen entgegen und sorgte für deren
Weiterleitung an ihren Sohn.

Schließlich wendete Perihan S. ihren Söhnen im Zeitraum Februar
2014 bis Mai 2015 erhebliche Geldbeträge zu, um diese bei deren
Tätigkeit als Mitglieder des "Islamischen Staates" zu unterstützen.
Unter anderem ließ sie Ismail S. im Februar 2014 1.000 Euro zukommen,
die für die Anschaffung eines Sturmgewehrs für Sarah O. verwendet
werden sollten. Insgesamt erhielt Ismail S. 6.150 Euro. Ihren Sohn
Emre Yunus S. bedachte Perihan S. mit insgesamt 18.600 Euro. In
einigen dieser Fälle sorgte Ahmet S. für die Übermittlung der
Geldbeträge an seine Söhne.

Sarah O. wurde am 21. September 2018 festgenommen und befindet
sich seitdem in Untersuchungshaft (vgl. Pressemitteilung Nr. 52 vom
21. September 2018). Die beiden anderen Angeschuldigten befinden sich
auf freiem Fuß.






Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)
Markus Schmitt
Staatsanwalt beim BGH
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Datum: 24.04.2019 - 14:59 Uhr
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