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Symposium der Polizeidirektion Braunschweig:

Sicher im Alter - Hilfen für die Generation 60plus

ID: 369671

(ots) - 130 Gäste begrüßte Polizeipräsident Harry
Döring am Mittwoch zu einem weiteren Symposium der Polizeidirektion
mit dem Titel "Sicher im Alter - (k)eine Illusion?!". Standen bei den
bisherigen Veranstaltungen Jugend- und Computerkriminalität im
Mittelpunkt, waren diesmal Seniorinnen und Senioren Thema und
Zielgruppe zugleich. Aber auch zwei Klassen von Schülerinnen und
Schülern der Altenpflege der Oskar-Kämmer-Schule nahmen teil. Die
Leitfrage des Symposiums, so Döring, sei: "Wie können wir der
Generation 60plus helfen?". Am Vormittag standen Referate auf dem
Programm. Am Nachmittag vertieften die Teilnehmer die Themen in
"Aktionsräumen" praktisch und in Diskussionen.

Heinz-Jürgen Kaiser, akademischer Direktor am Institut für
Psychogerontologie der Universität Erlangen-Nürnberg, rückte in
seinem Referat zur Mobilität im Alter manche Vorannahmen zurecht.
Mobilität - sich also bewegen zu können - sei Voraussetzung zur
Lebenszufriedenheit und Schlüsselqualifikation. Gerade für alte
Menschen sei Mobilität unverzichtbar. Ältere würden als größtes
Problem - europaweit - soziale Verhaltensweisen Jüngerer betrachten.
Rücksichtslosigkeit im Verkehr sei ebenso Angst erzeugend wie
Verwahrlosungssignale in der Öffentlichkeit. Fast 50 Prozent der im
Straßenverkehr getöteten Radfahrer seien über 65 Jahre alt, ebenso 45
Prozent der tödlich verletzten Fußgänger. Überhaupt steige das
allgemeine Unfallrisiko ab 75 stark an. Ein umweltbezogenes Problem,
das zur Mobilitätseinschränkung alter Menschen führe, sei zum
Beispiel die Zerschneidung direkter Straßenverbindungen. Würden
Autofahrer Kreisverkehre begrüßen, stellten sie für Fußgänger ein
Hindernis dar, genauso wie zu schmale Gehwege oder zu kurze
Grünphasen an Ampeln. Kaiser empfahl, die Beweglichkeit durch
Gymnastik und Sport zu fördern, physische und technische Barrieren zu




beseitigen und den öffentlichen Personennahverkehr zu verbessern.
Dazu könnten mehr Haltegriffe in den Fahrzeugen, niedrige Einstiege
und besser lesbare Fahrpläne beitragen. Vor allem sei die Bedienung
der Fahrkartenautomaten viel zu kompliziert. Autofahren im Alter
nehme immer mehr zu. Es sei davon auszugehen, dass im Jahr 2025
annähernd alle Männer und 80 Prozent der Frauen eine Fahrerlaubnis
besitzen würden. Schon heute seien 26 Prozent der Fahrzeughalter über
60 Jahre alt. Menschen über 65 seien in absoluten Zahlen unauffällig
an Verkehrsunfällen beteiligt. Die Hauptunfallversucher seien nach
wie vor die Fahranfänger. Die Fahrtüchtigkeit nehme rapide erst über
75/80 Jahren ab. Man müsse sich klar darüber sein, welch enorme
psychische und soziale Folgen ein Verlust der Fahrerlaubnis für einen
alten Menschen sei. Aufgabe müsse es sein, die Fahrtüchtigkeit
möglichst lange zu erhalten. Dabei spiele das seniorengerechte Auto,
das zahlreiche technische Hilfen biete, ebenso eine Rolle wie ein
Verhalten, das zunehmende, altersbedingte Einschränkungen
kompensiere. Auch im Alter sei es sinnvoll, Fahrtrainings zu
absolvieren, vorausschauend zu denken und zu handeln. Fahrten sollten
genau geplant, die eigenen Fähigkeiten und Kräfte realistisch
berücksichtigt werden. Kaiser empfahl, immer wieder selbstkritisch
die Fahrtüchtigkeit zu prüfen. "Mobilität hält jung", war der
Schlusssatz des Wissenschaftlers.

Um Kriminalität zum Nachteil älterer Menschen ging es im Vortrag
von Rosemarie Beyer und Henning Hartig vom Landeskriminalamt
Niedersachsen. Am Beispiel des Enkeltricks-Betruges gaben sie
Hinweise zur Vorbeugung, erläuterten aber auch die Vorgehensweise der
Täter. Dabei handele es sich um eine 800 bis 1000 Personen starke
kriminelle Vereinigung, die von einem osteuropäischen Nachbarland aus
agiere. Von dort aus wählten die Täter aus Telefonverzeichnissen
mögliche Opfer mit "alt" klingenden Vornamen zum Beispiel in
Braunschweig aus und riefen sie an. Die Masche sei im Prinzip immer
gleich: Der Täter frage das Opfer sinngemäß, wer wohl am Apparat sei,
lasse das Opfer raten und bestätige dann die Vermutung. Ob das nun
ein Enkel, Freund oder sonstiger Verwandter sei, sei unwichtig. Lässt
sich die angerufene Person auf den Dialog ein, wird der Täter nun
eine finanzielle Notlage behaupten und arrangieren, dass ein
"Bekannter" das zu beschaffende Geld beim Opfer abholt. Das
erledigten dann "Abholerteams", die bereits in Braunschweig auf
telefonische Anweisungen warteten. Die Referenten spielten ein von
der Polizei mitgeschnittenes Originaltelefonat vor, das in
bedrückender Weise zeigte, mit welchem Geschick der Täter einen
kolossalen Druck auf die angerufene alte - schwerhörige - Dame
aufbaute.

Die Referenten forderten dazu auf, die Polizei in jedem Fall, auch
wenn die Tat im Versuchsstadium bliebe, zu benachrichtigen. Die
Präventionsaktivitäten in Niedersachsen seien im vergangenen Jahr
erfolgreich gewesen. Die Zahl der erfolgreichen Taten sei
zurückgegangen. Bundesweit habe es aber immer noch einen Schaden von
über 4 Millionen Euro gegeben. Das Landeskriminalamt habe für die
Banken und Sparkassen Handlungsempfehlungen entwickelt, ebenso einen
Einleger für Sparbücher mit Verhaltenshinweisen. Am wirksamsten aber
sei es, im Dialog über die Betrugsgefahren aufzuklären.

Im dritten Vortrag stellte Thomas Görges, Kriminologe an der
Deutschen Hochschule der Polizei in Münster, Ergebnisse einer Studie
zur Kriminalität und Gewalt im Leben alter Menschen vor, die im
Auftrag des Bundesfamilienministeriums entstanden war. Hier ging es
besonders darum, ob und wie pflegebedürftige alte Menschen Opfer von
Gewalt und Kriminalität durch professionelles oder privates
Pflegepersonal würden. Die Erkenntnis aus Dunkelfeldforschung und
offizieller Kriminalstatistik seien dabei in etwa gleich: Es handele
sich nicht um ein beunruhigendes Kriminalitätsfeld. Trotzdem gebe es
Risikokonstellationen, die zu Misshandlung und Vernachlässigung von
Pflegebedürftigen führen könnten. Das könne z. B. eine schon vor der
Pflegeübernahme negative Beziehung zwischen den Beteiligten sein,
eine vorrangig finanzielle Motivation zur Übernahme der Pflege oder
ein schlechter körperlicher oder seelischer Zustand des Pflegenden.
Entscheidend sei die Frage, ob seitens des Pflegenden eine Absicht
vorliege, die Person zu schädigen, zu verletzen oder zu demütigen.
Wenn das der Fall sei, müsse betrachtet werden, ob das aus der
Situation entstanden sei, also im Affekt, oder auf Dauer angelegt
sei. Pflegesituationen, besonders mit dementen Personen, könnten
extrem belastend sein. Pflegende müssten deshalb durch Beratung und
Krisenintervention unterstützt werden. Wichtig sei es, die
Früherkennung von Risikolagen zu verbessern - durch Kontakte mit
Hausärzten und Pflegekräften. Auch familienrechtliche Interventionen,
wie sie aus der Jugendhilfe bekannt seinen, könnten zukünftig
eingesetzt werden. Die Zusammenarbeit von Medizin, Pflege und
Gesundheitsversorgung sei zu intensivieren.

Die Polizeidirektion Braunschweig wird die immer größer werdende
Zahl älterer Menschen im Fokus ihrer Präventionsaktivitäten behalten.




Rückfragen bitte an:

Polizei Braunschweig
PD Braunschweig, Öffentlichkeitsarbeit

Telefon: 0531/476-1004 /- 1041 /-1042
Fax: 0531/476-3035
E-Mail: pressestelle(at)pd-braunschweig.polizei.niedersachsen.de
www.polizei.niedersachsen.de/braunschweig/


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Datum: 23.03.2011 - 16:01 Uhr
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